Erblich bedingter Haarausfall des Mannes (androgenetische Alopezie)
Welche Männer sind vom anlagebedingten Haarausfall betroffen?
 
Er betrifft in unterschiedlichem Ausmaß ca. 50% aller Männer. Man unterscheidet grob drei unterschiedliche Verläufe beim erblich bedingten Haarausfall, wobei in den ausgeprägtesten Fällen der Haarausfall bereits um das 20. Lebensjahr einsetzt und rasch fortschreitet („früher Steppenbrand“). Bei der Mehrzahl der betroffenen Männer beginnt der Haarausfall um das 30. Lebensjahr und schreitet nur allmählich fort („früher Schwelbrand“). Schließlich kommt es bei einem kleineren Teil der betroffenen Männer erst nach dem 40. Lebensjahr zu einer sehr allmählichen Lichtung der Haare, wobei keine komplette Glatzenbildung auftritt („Spättyp“).
 
Worin liegen die Ursachen?
 
Die Ursachen dieser häufigen Erkrankung liegen in vererbten Enzym- und Rezeptoreigenschaften der Haarwurzeln bei betroffenen Männern:
  1. Es besteht eine vererbte Fähigkeit der Haarwurzel, vermehrt Androgene (männliches Geschlechtshormon) zu bilden. In den vom männlichen Haarausfall betroffenen Arealen besteht eine gesteigerte Aktivität des Enzyms 5-alpha-Reduktase. Es wandelt Testosteron in Dihydrotestosteron um. Der im Blut messbare Androgenspiegel ist jedoch meist völlig normal. Die Haarwurzel reagieren auf die vermehrte örtliche Androgenbildung mit einer Verkürzung der Wachstumsphase und schließlich mit einer allmählichen Miniaturisierung der Haarwurzel. Es werden schließlich statt der kräftigen sogenannten Terminalhaare dünnere, weichere und kürzere sogenannte Vellushaare gebildet, die zunächst für die verminderte Haardichte verantwortlich sind. Schließlich verkümmern die Haarwurzel so weit, dass kein Haar mehr produziert wird.
  2. In den Haarwurzelzellen sowie in den Talgdrüsenzellen findet sich darüber hinaus bei Männern mit anlagebedingtem Haarausfall eine gesteigerte Rezeptordichte, weshalb das vermehrt gebildete Androgen auch noch eine überproportionale Wirkung erzielt. Es kommt dadurch neben den o.g. Vorgängen zusätzlich zum vermehrten Talgfluß.
  3. Der verstärkte Talgfluß bedingt eine in der Regel nicht sichtbare dauerhafte Entzündung der Haarwurzel, die zu einer Verkürzung der Wachstumsphase der Haare führt.
  4. Die Nährstoffversorgung des Haares wird durch die beschriebenen Vorgänge zunehmend erschwert. Faktoren, welche die Gefäßbildung fördern (VEGD und PDGF) und die normalerweise vor Ort gebildet werden, finden sich nur noch in geringerer Konzentration.
  5. Schließlich können neuroimmunologische Faktoren unter Stressbedingungen die erwähnte Entzündungsreaktion verstärken. So lässt sich die Beobachtung erklären, dass der anlagebedingte Haarausfall beim Mann in Schüben und häufig stressbedingt verläuft.
Welche Behandlungsmöglichkeiten bestehen?
 
Der derzeit effektivste Wirkstoff zur Behandlung der androgenetischen Alopezie des Mannes ist Finasterid. Es handelt sich um einen 5-alpha-Reduktasehemmer, der die Umwandlung von Testosteron in DHT vermindert und so an der zentralen Ursache des Haarausfalles angreift. In plazebokontrollierten Doppelblindstudien (das sind vergleichende klinische Untersuchungen, bei denen weder der behandelnde Arzt noch der Patient wissen, wer den Wirkstoff und wer nur den Placebo bekommt) konnten bei 66% der Teilnehmer ein erhöhtes Haarwachstum, bei 83% ein Verhindern weiteren Haarverlustes erreicht werden.
Das Präparat muß täglich eingenommen werden. Ein Absetzen der Therapie führt zum erneuten Verlust der Haare.
Für lediglich eine weitere Substanz liegen plazebokontrollierte Doppelblindstudien vor. Es handelt sich um den Blutdrucksenker Minoxidil. Bei knapp einem Drittel der Behandelten führte die Anwendung dieser Substanz zu einer Umwandlung von Vellushaaren in Terminalhaare. Minoxidil muß permanent angewendet werden. Das Aussetzen der Therapie führt zum erneuten Haarverlust.
Noch keine entsprechenden Studien liegen zum Monoxidil-Abkömmling Aminexil vor. In Laboruntersuchungen konnte gezeigt werden, das Aminexil durch Einfluß auf die perifollikulären Kollagenfasern dem Absterben der Haarwurzel entgegenwirkt.
Auch zum Wirkstoff RTH 16, der den Gefäßwachstumsfaktor VEGD stimulieren soll, liegen bislang keine klinischen Studien vor.
Darüber hinaus kann durch unterstützende Maßnahmen die oben beschriebene Enzündungsreaktion der Kopfhaut durch äußerlich angewendete Kortisonpräparate oder auch azolhaltige Shampoos zurückgedrängt werden. Dadurch lassen sich die genannten Wirkungen der o.g. Substanzen in manchen Fällen verstärken.
Für die äußerliche Anwendung von Hormonpräparaten beim Mann liegen keine entsprechenden Wirkungsnachweise vor. Aus diesem Grund und wegen der zu befürchtenden Nebenwirkungen (z.B. Feminisierung mit Mastopathie) raten wir von diesen Substanzen ab.
Eine weitere Behandlungsmöglichkeit besteht in der Haartransplantation. Dabei werden mittels Stanzen Haare aus dem Hinterkopfbereich in kahle Emfängerareale verpflanzt. Unbestrittener Vorteil der Eigenhaartransplantation ist die dauerhafte Wirkung, da die verpflanzten Haare prinzipiell immun gegen den erblich bedingten Haarausfall sind. Ein klarer Nachteil gegenüber den medikamentösen Methoden ist, dass die transplantierten Haare niemals das natürliche Erscheinungsbild erreichen können wie Haare, die medikamentös am dauerhaften Ausfall gehindert wurden.
 
Kann ich einen zusätzlichen Behandlungserfolg durch frei verkäufliche Präparate erzielen?
 
Für die Behandlung des anlagebedingten Haarausfalles beim Mann sind eine Unzahl von Substanzen (Shampoos, Haarwässer) freiverkäuflich im Handel zu erwerben. Wir raten von der Anwendung dieser Substanzen ab, da für keine dieser Präparate ein wissenschaftlicher Wirksamkeitsnachweis vorliegt!
 
 
Bei weiteren Fragen wenden Sie sich bitte an Dr. Kappesser und sein Praxisteam oder kontaktieren Sie uns über unser Kontaktformular.